Die Verbrennungsnarben auf meinem Oberkörper gaben mir lange Zeit das Gefühl nicht ganz zu sein. Erst als ich meine Narben vergoldete und mich dabei fotografieren ließ, fand ich komplette Heilung.

Nun vergolde ich die Narben anderer Frauen und lasse sie Stärke finden in ihrer tiefsten Verletzbarkeit.

Im Folgenden erkläre ich, was ein Trauma ist, wie es sich auf unseren Alltag auswirkt und wie die Fotografie mir geholfen hat mich komplett anzunehmen.

Was ist ein Trauma und wie wirkt es sich auf unseren Alltag aus?

Als Trauma bzw. traumatische Situation werden seelische und körperliche Folgen nach einem extrem leidvollen Ereignis bezeichnet, das wir nicht verarbeiten konnten. Oft treten diese Erlebnisse in der Kindheit oder Jugendzeit auf und begleiten uns danach bis ins Erwachsenenalter hinein.

Zu diesen überwältigenden Ereignissen zählen z. B. Erfahrungen sexueller, körperlicher und psychischer Gewalt, Naturkatastrophen, Unfälle, Erfahrungen des Verlustes und der Vernachlässigung sowie Erkrankungen. Betroffene erleiden dann Gefühle von Ohnmacht, Hilflosigkeit und Lebensbedrohung.

All diese heftigen Ereignisse hinterlassen Wunden, die unseren Körper zeichnen – entweder als sichtbare oder als unsichtbare Narbe.

Wichtig zu verstehen ist, dass beide Narbentypen (sichtbar und unsichtbar) große Auswirkungen auf die Psyche haben können. Das bedeutet, sichtbare Narben betreffen nicht nur den äußeren Körper, sondern immer unsere innere Welt: unsere Gedanken, Gefühle und Emotionen.

Zu den Traumata mit sichtbaren Narben zählen beispielsweise Verbrennungen mit Feuer oder heißem Wasser, alle Arten von Schnittwunden und Operationen.  Aber auch eine Geburt kann Narben hinterlassen, wenn z.B. ein Notkaiserschnitt erfolgte.

Viele Frauen leiden auch unter Dehnungsstreifen, die sich oftmals während der Schwangerschaft bilden. Das Bindegewebe wird infolge des schnell wachsenden Bauches so beansprucht, dass es reißt und dauerhaft geschädigt ist. Es entstehen dann sichtbare Narben als heller Streifen.

Wie stark ein Trauma wirkt, ist sehr individuell und hängt u.a. von der jeweiligen Person und dessen psychischer Konstitution ab.

Das bedeutet, ein und dieselbe Situation kann für Person A traumatisch sein – für Person B jedoch nicht.

Wie erkennt man ein Trauma? Typische Symptome

Die Symptome eines Traumas sind vielfältig und werden vor allem nach akuten Reaktionen unterschieden, die direkt nach dem Ereignis eintreten und langanhaltenden Belastungsstörungen, die auch posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS) genannt werden.

Akute bzw. unmittelbare Reaktionen sind z.B.:

  • extreme Angst
  • Hilflosigkeit
  • Kontroll- bzw. Orientierungsverlust
  • Schlaflosigkeit
  • emotionale Taubheit

Die Liste der posttraumatische Belastungsstörungen dagegen ist länger und sehr individuell, beispielsweise gehört dazu:

  • Suchtverhalten (Drogen, Essen, soziale Medien, Sex)
  • kreisende Gedanken bzw. das immer wieder Erleben dieser Situation
  • Schuldgefühle
  • Schamgefühl
  • wenig Lebensfreude
  • mangelnder Selbstwert
  • Vertrauensverlust
  • Schlafstörungen
  • Depressionen

An dieser Stelle kommt ein wichtiger Hinweis: Solltest du eins oder mehrere Symptome bei dir selbst feststellen, bitte zögere nicht dir psychotherapeutische Hilfe zu holen. Erfahrene und speziell ausgebildete Traumatherapeuten können dir helfen deine Erlebnisse zu bewältigen.

Wie kann man ein Trauma heilen? Klassische Therapiemöglichkeiten

Mit einem Trauma zu leben ist eine große Herausforderung, denn es wirkt ganz unterschiedlich in all unsere Lebensbereiche hinein. Oftmals bringen wir ein gestörtes Verhalten nicht mehr in den Zusammenhang mit dem traumatischen Ereignis, sondern denken möglicherweise, dass wir nun einmal so sind.

Darum ist es so wichtig, sich erfahrene und professionelle Hilfe zu suchen, um ein Trauma zu lösen und Heilung zu finden. Gemeinsam mit einem Therapeuten werden die Ursachen des Traumas erforscht und individuelle Lösungsstrategien entwickelt.

Ganz allgemein liegt den verschiedenen Therapiemöglichkeiten folgender Ansatz zugrunde: Die betreffende Person darf sich bewusst werden, dass sie sich in einer außergewöhnlich belastenden Situation befand, aus der heraus sie bestimmte Verhaltensweisen und Gefühle entwickelt hat.

Sie darf erkennen, dass sie nicht länger Opfer dieser Situation ist, sondern individuelle Lösungsstrategien entwickeln kann, die zur Heilung beitragen.

Manchmal hilft allein schon die simple Erkenntnis „Ich bin nicht länger Opfer meiner Vergangenheit“ und die Person fühlt sich besser oder sogar geheilt. Wenn diese Erkenntnis nicht nur kognitiv begriffen wird, sondern in die Gefühlswelt übergeht, kann der Heilungsprozess maßgeblich unterstützt werden.

Wie ich mein Unfall Trauma in einem Narben Fotoshooting verarbeitete und Heilung fand

An dieser Stelle des Verarbeitungsprozesses nimmt die Fotografie eine ganz besondere Rolle ein: Denn sie erlaubt es uns, Gefühle, Erfahrungen, Sichtweisen und Wertvorstellungen über Bilder zu transportieren und uns damit selbst auszudrücken.

Wir nutzen Fotos einerseits, um schöne Erinnerungen zu bewahren, z.B. unsere Hochzeit, ein Jubiläum oder Geburtstage. Darüber hinaus helfen sie auch uns leidvolle Lebensabschnitte zu verarbeiten, die traumatisierend wirken, z.B. der Verlust eines geliebten Menschen, Angststörungen oder Depressionen.

Hier kann die Fototherapie genutzt werden, um mit den eigenen Gefühlen in Kontakt zu kommen und diese auszudrücken. Denn oftmals sind Betroffene nach einem Trauma abgespalten von ihrer Gefühlswelt und erleben viele Flashbacks, d.h. sie sind gedanklich wieder und wieder in dieser traumatischen Situation.

Durch die Fotografie lernen Betroffene wieder in die Gegenwart zu kommen, präsent in diesem Moment zu sein, Gefühle bewusst wahr zu nehmen und achtsam zu sein für die innere Welt.

Ganz besonders kraftvoll sind in diesem Zusammenhang Selbstportraits. Ich kenne mehrere Frauen, die sich regelmäßig fotografieren und dadurch ihr Selbstwertgefühl und ihr Selbstvertrauen stärken. Auf ihren Fotos entdecken sie sich immer wieder neu und sie erlauben ihren Gefühlen einfach da zu sein und gefühlt zu werden.

Bekannte öffentliche Arbeiten zu diesem Thema sind beispielsweise die Werke von Hannah Wilke (1940 -1993). Sie erlernte durch Selbstportraits ein positives Körpergefühl aufzubauen und kommunizierte dadurch öffentlich, dass Selbstliebe etwas Schönes ist. Sie war sogar so mutig, sich während ihrer Krebserkrankung zu portraitieren und zeigte dadurch, wie sie mit der Krankheit umgeht.

Weitere Ausstellungen mit fototherapeutischem Ansatz finden sich vielfach zum Thema Brustkrebs. Zum Beispiel gab es 2023 in mehreren deutschen Städten unter dem Namen „Fuck It -I’m Alive“ ein sehr beeindruckendes Projekt, das Frauen und auch Männer zeigte, die den Krebs besiegt haben.

Ein tolles und sehr mutiges Projekt wurde ebenfalls 2023 veröffentlicht, das Verbrennungsnarben zeigt.

Zum 30-jährigen Jubiläum des Hamburger Vereins „Paulinchen e.V.“ wurden 17 heute erwachsene Personen fotografiert, die in ihrer Kindheit Verbrühungen oder Verbrennungen erlitten haben.

Dabei liegt der Fokus der Aufnahmen darauf, wie schön und stark zugleich diese Menschen sind, obwohl sie oder gerade weil sie einen tragischen Unfall erlebt haben. Ihre Resilienz berührt und ihr Umgang mit dieser Erfahrung inspiriert viele Menschen.

Ich selbst habe durch die Fotografie meines eigenen Traumas ebenfalls heilsame Erfahrungen machen dürfen.

Im Februar 2023 nahm meine gute Freundin und Fotografin Stefanie Blochwitz die großflächigen Verbrennungsnarben an meinem Oberkörper auf. Dabei fotografierte sie mich nicht nur, sondern wir vergoldeten meine Narben sogar. Das bedeutet, ich nahm einen Pinsel und zeichnete mit Goldstaub die Narben auf meinem Körper wie auf einer Landkarte nach.

Durch die Berührung des Pinsels mit der Haut wurden tief vergrabene Emotionen freigesetzt, die auf den Bildern kraftvoll eingefangen wurden.

Das Gold hatte dabei zwei wesentliche Funktionen.

  1. Es sorgte einerseits für mehr Selbstannahme, denn ich hatte lange Zeit das Gefühl „nicht-ganz-zu-sein“. Durch das Gold wurde mir bewusst, dass ich vollkommen ganz bin und es auch immer war. Ich redete mir nur lange Zeit ein, dass die Narben ein Makel sind und ich mich so wie ich war nicht komplett annehmen kann.
  2. Zusätzlich zu diesem reparierenden und ganz werdenden Effekt erlebte ich durch das Gold eine Veredelung meiner Narben und damit einer Veredelung meines Traumas. Zum ersten Mal seit meinem Unfall im Alter von 16 Jahren wurde ich mir der Schönheit meines Körpers und dieser heftigen Erfahrung vollkommen bewusst.

Ich trauerte nicht länger meinem alten Ich hinterher, sondern liebte mich so wie ich heute bin.

Denn mein neues ICH ist so viel stärker, mutiger und empathischer als das alte.

All das im Fotoshooting so kraftvoll zu spüren war eine enorm heilsame Erfahrung für mich.

Portraitfotos vergoldete Narben

Im Alter von 16 Jahren überlebte ich nur knapp eine Explosion – Das war mein Unfalltrauma

Im Alter von 16 Jahren überlebte ich eine Explosion in unserem eigenen Haus. Grund war die Zentralheizung, eine so genannte „Forsterheizung“, die in der DDR standardmäßig eingebaut wurde. Sie explodierte genau in dem Moment als ich davorsaß.

Mir sprangen Teile des Ofens entgegen und das kochend heiße Wasser verbrühte meinen Oberkörper und meinen rechten Oberarm.

Eine Nachbarin rettete mich und alarmierte den Notarzt, bevor ich aufgrund der Schmerzen 4 Tage lang ins künstliche Koma gelegt wurde. Es folgten 3 Wochen im Krankenhaus und mehrere Wochen Physiotherapie, um mein rechtes Bein wieder zum Laufen zu mobilisieren.

Die psychische Verarbeitung dieses Traumas dauerte wesentlich länger.

Das erste Jahr nach dem Unfall war dabei das anstrengendste.

Ich lehnte mein neues Aussehen ab und befand mich in einer Art Schockzustand und in einer Opferhaltung. Ich fragte mich, warum ausgerechnet mir so etwas Schlimmes widerfahren musste und hatte ständig Flashbacks.

Erschwerend kam hinzu, dass ich in den Medien nur perfekte Mädchen- und Frauenkörper sah ohne jeglichen Makel. Mein Selbstwertgefühl war sehr klein.

Doch irgendwann hatte ich mein Gejammer und mein Selbstmitleid satt. Ich fing an zu handeln, weil ich endlich heilen wollte.

Während eines langen Strandspaziergangs überlegte ich mir eine Strategie das Erlebte zukünftig in meinem Alltag zu integrieren.

Ich würde mehr über meinen Unfall reden, die starrenden Blicke fremder Menschen am Strand ertragen und mein neues Aussehen endlich akzeptieren. Ich sortierte meine Rollkragenpullis und ¾ Langarmshirts aus und zeigte mich so, wie ich war.

Rückblickend betrachtet war dies ein Schlüsselerlebnis in meiner Traumaverarbeitung.

Danach ging es bergauf, meine inneren und äußeren Narben verblassten und ich führte ein ganz normales Leben, ohne gesundheitliche Einschränkungen.

Ich studierte, lernte währenddessen meinen heutigen Mann kennen und bekam mit ihm zwei Kinder.

Wie Frauen Stärke finden in einem Fotoshooting „Vergoldete Narben“

Nachdem ich die Bilder mit meinen goldenen Narben von meiner Freundin Steffi bekam, überlegte ich sie zu veröffentlichen. Ich ignorierte alle Zweifel, die dennoch aufkamen und postete die Fotos auf meinem Instagram-Profil.

Der Post schlug ziemlich doll ein.

So viele Menschen sprachen ihre Bewunderung aus über meinen Mut und meine Stärke. Mir wurden weitere Geschichten über erlebte Traumata geteilt, die diese Menschen noch immer belasten. Sie fühlten sich durch meine Art mit dem Trauma umzugehen sehr inspiriert.

Das gab mir zu denken und berührte mich sehr.

Es keimte in mir der Gedanke ein Narben-Fotoshooting auch anderen Frauen zu ermöglichen, die ähnliche Traumata erlebt haben wie ich. Ich stellte mir vor, dass auch sie durch das Vergolden ihrer Narben eine zutiefst heilsame Erfahrung machen würden.

Mich reizte der Gedanke daran, dass mein Ansatz durchweg positiv geprägt ist und mit klassischen Therapien nicht zu vergleichen ist.

Ein „Goldenes Narbenshooting“ ist eine wunderschöne Selbsterfahrung und bildet eine Ergänzung zur klassischen Traumatherapie.

Die Frauen kommen in Kontakt mit sich selbst, dürfen ihre Emotionen spüren und entdecken durch das Vergolden ihrer Narben wie schön und vollkommen ganz sie sind.

Ihnen fehlt nichts und sie müssen auch nicht erst zu jemandem werden, um geheilt und ganz zu sein. Diese Gefühle im Fotoshooting zu spüren ist so kraftvoll!

Damit ist die Narben Fotografie ein Ausdruck ihrer Selbstliebe und trägt dazu bei, dass die Frauen sich selbst noch mehr annehmen und lieben lernen.

Als krönenden Abschluss bekommen die Frauen ein Bild aus ihrem Shooting gedruckt und gerahmt mit nach Hause. Somit können sie sich das intensive Gefühl aus dem Shooting bewahren und jedes Mal wachrufen, wenn sie an ihrem Kunstwerk vorbei gehen.

Wichtiger Hinweis zum Schluss: Ich empfehle ein Narbenshooting erst dann in Anspruch zu nehmen, wenn das Trauma gut verarbeitet ist und keine negativen Auswirkungen im Alltag spürbar sind. Denn ich selbst habe nicht die Ausbildung oder entsprechende traumatherapeutische Fähigkeiten, eine Frau während des Fotoshootings „aufzufangen“, sollte sie einen Flashback o.ä. erleiden.

Wenn du mehr über den Ablauf eines Narbenshootings erfahren möchtest, kannst du dich auf meiner Seite „Vergoldete Narben“ informieren.

Kontaktiere mich per Telefon oder Email, wenn auch du deine Narben vergolden und Stärke in deiner Verletzbarkeit finden möchtest.

Ich freue mich auf dich!

Juliane

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